25 Jahre Sylt: Jubiliäumsausstellung

"Pfingsten 1996 entschied mein Bauchgefühl spontan über die Eröffnung einer Dependance der Galerie Herold auf Sylt, der Insel meiner glücklichen Jugendzeit. Dank einer logistischen Meisterleistung eröffneten wir innerhalb einer Woche im Innenhof vom Dorfkrug in Kampen unseren „Außenposten Nord“. Am Tag der Eröffnung, die nicht großartig angekündigt war, erschien bei leichtem Nieselregen ein Kollege aus Berlin, wies mit dem Finger auf ein Hauptwerk von Paula Modersohn-Becker – mein ganzer Stolz und das beste Bild der Eröffnungs-Ausstellung – und meinte: „Von weitem sah das aus wie ein gutes Bild.“ Am nächsten Tag wurde das erste Kunstwerk verkauft: ein Aquarell von Ivo Hauptmann, der bis zum heutigen Tag einer unserer gefragtesten Künstler ist. Und auch das Bild, das von weitem ganz gut aussah, fand bald einen neuen Besitzer, der meine Begeisterung für das Gemälde teilte. Dazu gibt es eine nette Geschichte, die ich nicht verschweigen möchte. Um auf unsere etwas versteckte Galerie aufmerksam zu machen, platzierten wir an der Straße einen Aufsteller mit entsprechendem Hinweis. Abends gingen wir dann immer raus, um das mobile Werbeschild in die Galerie zu bringen und das Licht zu löschen. Eines Tages stand nachts um halb zwölf ein Mann mit Latzhose und Baseballcap in der Tür und fragte sehr höflich, ob er einmal schauen dürfe. Nach Beendigung seines aufmerksamen Rundgangs fragte er, ob wir auch Bilder von Künstlern hätten, die er kennen würde, und auf meine Frage, wen er denn kennt, sagte er: „Na, ja, Brücke, Blauer Reiter, Max Beckmann, Paula Modersohn-Becker ...“ Kurze Zeit später war dieser unscheinbare Herr der neue Besitzer meines Bildes, das von weitem ganz gut aussah. Und darüber hinaus wurde dieser bedeutende Sammler über viele Jahre einer unserer besten und nettesten Kunden und außerdem späterer guter Nachbar, nachdem wir im Jahre 2000 in das „Haus Meeresruh“ gezogen waren. Als wir 2005 das Haus erwerben konnten, kaufte Herr A, wie er überall genannt wurde, hinter uns das älteste Haus in Kampen und war morgens häufig unser erster Besucher. Seine Ankunft auf der Insel wurde stets durch das Hissen einer Fahne mit der Aufschrift „Lever duad üs Slav“ signalisiert. In den folgenden Jahren veranstalteten wir im neuen Domizil über 20 Ausstellungen, und die Galerie entwickelte sich langsam zum kulturellen Treffpunkt für Sammler und sonstige kunstsinnige Gäste aus dem In- und Ausland. Vor fast genau zwei Jahren haben wir dann in Keitum eine weitere Galerie eröffnet. Sie wird von unserer Tochter Katharina geführt, die es nach dem Kunststudium in London und Berufserfahrung im Antiquitäten- und Auktionshandel auf die Insel zog. In ihrer schönen Galerie, in einem kleinen Reethaus in der Bahnhofstraße, zeigt sie neben antiker Kleinkunst Werke norddeutscher Impressionisten und Expressionisten sowie ihre eigenen sehr kunstvollen Schmuck-Kreationen unter dem Label „Heroldian Jewellery“. Und das seit zwei Jahren mit sehr gutem Erfolg. Sie ist auch die einzige von uns, die fest auf der Insel wohnt – und es liebt! 2014 zog es auch unseren Sohn Patrick wieder nach Hamburg zurück, nachdem er fast zehn Jahre zuerst in Stockholm und dann in New York in der Werbung gearbeitet hatte. Seine Lebensgefährtin Elizabeth Polkinghorne aus Australien und er führen und lenken das Unternehmen in die Kunst unserer Zeit. 2015 eröffneten sie im „Anbau“ in Kampen den Contemporary Zweig der Galerie mit dem beziehungsreichen ersten Ausstellungstitel „Modern Times – von New York nach Sylt“. Für die Zukunft der Galerie ist also in jeder Hinsicht gesorgt, und darüber freuen meine Frau und ich uns natürlich sehr. In diesem Sinne, auf die nächsten 20 Jahre!"

Rainer Herold

AUSSTELLUNGSORT

Galerie Herold • Braderuper Weg 4 • 25999 Kampen/Sylt